Neues Positionspapier der BNetzA zur Erhebung von BKZ
Die BK8 hat am 20.11.2024 ihr Positionspapier zur Erhebung von Baukostenzuschüssen auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Dieses ersetzt das bisherige Positionspapier der BK6 aus dem Jahr 2009. Dieses soll hiermit fortentwickelt werden.
Folgende Weiterentwicklungen sind wesentlich:
1. Sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich
Das Positionspapier gilt grundsätzlich für alle Netzanschlüsse nach § 17 Abs. 1 EnWG, über die Elektrizität aus dem Netz bezogen wird. Anders als zuvor, fallen damit auch die Netzanschlüsse der Netzbetreiber an ein vor- oder nachgelagertes Netz in den Anwendungsbereich des Positionspapiers, für die bisher keine Baukostenzuschüsse erhoben wurden. Das Positionspapier gilt ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung, wobei übergangsweise für Anschlussvereinbarungen, die bis Ende 2025 geschlossen werden, ein „Bestandsschutz“ gelten soll.
2. Modifiziertes Leistungspreismodell
Netzbetreiber dürfen auch weiterhin die Berechnungsmethode für den BKZ auswählen, solange diese zu einem „angemessen“ BKZ im Sinne des § 17 Abs. 1 EnWG führt. Als angemessen betrachtet die BNetzA jedenfalls das VDN-Modell und ein leicht abgewandeltes Leistungspreismodell.
Das Leistungspreismodell bleibt im Kern unverändert anwendbar. Einzige Änderung ist, dass als Leistungspreis nicht mehr nur der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Leistungspreis > 2.500 Jahresbenutzungsstunden heranzuziehen ist, sondern das arithmetische Mittel aus dem aktuellen Leistungspreis und der Leistungspreise der vergangenen vier Jahre. Hierdurch sollen Schwankungen im Leistungspreis abgemildert werden, um die „Nachvollziehbarkeit und Vermittelbarkeit im Zeitablauf“ der BKZ herzustellen, welche nicht an den direkten Kosten anknüpfen.
3. Maßgeblicher Leistungsbezug
Bei der Berechnung des BKZ ist auf die vereinbarte Leitung abzustellen, wobei es auf die Art der angeschlossen Last nicht ankommt.
Wird über den Netzanschluss nicht nur Elektrizität bezogen, sondern auch Elektrizität in das Netz eingespeist, darf, „solange gesetzliche Verbote für die Erhebung von Baukostenzuschüssen für die Einspeisung in das Netz bestehen (zum Beispiel § 17 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), § 3 Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG), § 8 Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV))“, danach differenziert werden, ob der Anschlussbedarf ein- oder ausspeiseseitig getrieben ist. Bei einem einspeisegetriebenen Netzanschluss muss demnach kein BKZ erhoben werden, auch wenn über den Netzanschluss Elektrizität bezogen wird. Der gleiche Differenzierungsansatz soll nach dem Positionspapier auch für den Netzanschluss der Netzbetreiber an ein vor- oder nachgelagertes Netz gelten.
Dieser Differenzierungsansatz dürfte hingegen nicht für netzgekoppelte Batteriespeicher gelten. Zwar vertritt die BNetzA (BK6) die Auffassung, dass die Einspeiseleistung netzgekoppelter Batteriespeicher in analoger Anwendung des § 8 Abs. 3 KraftNAV nicht zur Berechnung eines BKZ herangezogen werden darf1, sodass auch insoweit ein gesetzliches Verbot für die Erhebung von BKZ für die Einspeisung in das Netz besteht. Hieran knüpft das Positionspapier aber erkennbar nicht an. Vielmehr stellt dieses ihre generelle Maßgabe, dass bei der Berechnung der BKZ auf den Leistungsbezug „an sich“ abzustellen ist, für Batteriespeicher ausdrücklich unter den Vorbehalt des Ausgangs des vor dem BGH anhängigen Verfahrens (Az. EnVR 1/24). Somit hält die BNetzA an ihrer in diesem Verfahren vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach es zur Berechnung der BKZ für einen netzgekoppelten Batteriespeicher nur auf die Höhe der vereinbarten (Bezugs-)Leistung ankommt und der Umstand, dass diese Leistung auch zur Einspeisung in das Netz genutzt wird, nicht zu berücksichtigen ist. Letztlich wäre der Differenzierungsansatz für Batteriespeicher auch nicht praktikabel. Diese benötigen den Netzanschluss gleichermaßen zur Ausspeisung und Einspeisung von Elektrizität. Ihre Netzanschlussbegehren sind damit ebenso einspeiseseitig wie ausspeiseseitig getrieben.
4. Finanzierungfunktion
Künftig sollen BKZ nicht mehr nur eine Steuerungs- und Lenkungsfunktion in Bezug auf die vom Anschlussnehmer vereinbarte Leistung erfüllen, sondern auch eine Finanzierungsfunktion für die Netzkosten der Netzbetreiber. Dies gilt jedenfalls für Netzanschlüsse oberhalb der Niederspannungsebene. Für diese Netzanschlüsse leitet die BNetzA aus der Finanzierungsfunktion folgendes ab:
„In Netzen mit Ausbaubedarf ist das Erheben von BKZ effizient und geboten. […] Sofern ein Netzbetreiber mit Ausbaubedarf keine BKZ erhebt, besteht jedenfalls ein erhöhtes Begründungserfordernis, warum auf dieses Instrument verzichtet wurde. Wirtschaftliche Nachteile zu Lasten der Gemeinschaft der Netznutzer sind gegebenenfalls vom Netzbetreiber zu tragen. Anhand der Veränderung der angeschlossenen Netzlast kann ein Volumen an erwarteten BKZ in den Basisjahren im Zuge der Kostenprüfung approximiert werden.“
Damit kündigt die BNetzA an, bei einem unbegründeten Verzicht auf die Erhebung von BKZ einen entsprechenden Abzug von den Netzkosten im Rahmen der Kostenprüfung vorzunehmen. Dieser hat zur Folge, dass die zu Unrecht nicht über einen BKZ finanzierten Kosten nicht über die Netzentgelte amortisiert werden können. Diese regulatorische Konsequenz soll aber nur eingeschränkt für Netzanschlüsse oberhalb der Niederspannungsebene gelten, sofern ein Ausbaubedarf besteht.
5. Standortsteuerung der Übertragungsnetzbetreiber
Das Positionspapier erlaubt ÜNB, bei der Höhe der BKZ danach zu differenzieren, wie sich der Netzanschluss auf die Netzkosten auswirkt. Abhängig davon, ob ein Netzanschluss Redispatchmaßnahmen erforderlich macht oder nicht, darf der BKZ nach einem von den ÜNB festzulegenden Stufensystem zwischen 20 % und 100 % des Leistungspreises > 2.500 Jahresbenutzungsstunden betragen. Ergänzend zum Positionspapier hat die BK8 eine Karte der Übertragungsnetzbetreiber veröffentlicht, in der verschiedene Netzknoten dargestellt sind, an denen eine Differenzierung des Baukostenzuschusses sinnvoll sein kann. Eine solche Differenzierung ist Verteilnetzbetreibern unabhängig von der Netzebene, an der der Netzanschluss erfolgt, ausdrücklich nicht erlaubt.
6. Bewertung
Dass BKZ künftig eine Finanzierungsfunktion erfüllen werden, ist nicht überraschend. Bereits die Tatsache, dass ein Positionspapier der für die Netzentgeltregulierung zuständigen BK8 zur Neugestaltung der BKZ angekündigt war, offenbarte die nunmehr bestehende Nähe der BKZ zu den Netzentgelten. Zudem ist der Grund für die bisherige Ablehnung einer Finanzierungsfunktion im Zuge der Umsetzung des EuGH-Urteils vom 02.09.2021 (C-718/18) weggefallen. In der Sache kann gegen eine Finanzierungsfunktion der BKZ wenig eingewandt werden. Die BNetzA leitet diese Funktion aus dem Ziel des § 1 Abs. 1 EnWG ab, wonach ein „preisgünstiger“ und „effizienter“ Netzbetrieb angestrebt wird. Ob ein „preisgünstiger“ Netzbetrieb eine verursachungsgerechte Kostentragung der Anschlussnehmer bzw. Netznutzer erfordert, erscheint zwar fraglich. Die Erhebung von BKZ bewirkt aber jedenfalls, dass die Finanzierungskosten für Investitionen sinken. Insoweit ist die Erhebung von BKZ „effizient“. Zudem dürfte Art. 18 der Verordnung (EU) 2019/943 eine Finanzierungsfunktion unterstellen der „Entgelte für den Anschluss an die Netze“ unterstellen, da diese wie auch die Entgelte für die Nutzung „kostenorientiert“ sein müssen und letztlich sämtliche Entgelte die „Lebensfähigkeit der Netze“ gewährleisten sollen (Art. 59 Abs. 7 lit. a) der Richtlinie (EU) 2019/944).
Hervorzuheben ist, dass sich die BNetzA gegen eine untergesetzliche Pflicht zur Erhebung der BKZ entschieden hat. Eine solche Pflicht würde eine Festlegung nach § 17 Abs. 4 EnWG voraussetzen. Dies gilt insbesondere für BKZ in der Niederspannung, für die § 11 Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) den Netzbetreibern das Recht einräumt, BKZ zu erheben, ohne sie zu verpflichten. Das Positionspapier macht dennoch deutlich, dass nach Ansicht der BNetzA Netzbetreiber einen angemessenen und diskriminierungsfreien BKZ erheben sollten. Für den Fall, dass sie dies unbegründet unterlassen, kündigt die BNetzA für Netzbetreiber mit Netzausbaubedarf oberhalb der Niederspannungsebene wirtschaftliche Nachteile über die Entgeltregulierung an. Hierzu bleibt das Positionspapier allerdings vage. So wird beispielswiese nicht deutlich, ob sich der wirtschaftliche Nachteil auf nicht erhobene BKZ für Anschlüsse an „Netze mit Ausbaubedarf“ beschränkt oder für sämtliche Netzanschlüsse (oberhalb der Niederspannung) der „Netzbetreiber mit Ausbaubedarf“ gelten soll. Für Letzteres spricht die angekündigte Approximation der nicht erhobenen BKZ über die Veränderung der angeschlossenen Netzlast im Basisjahr.
Die Ausweitung der BKZ auf Netzanschlüsse der Netzbetreiber an fremde Netze dürfte darauf zurückzuführen sein, dass Kostenbeteiligungen unter Netzbetreibern bisher entgeltregulatorisch nicht sauber erfasst wurden. Dies ändert sich, wenn Kostenbeteiligungen über das regulatorische Institut der BKZ erfolgen. BKZ, die Netzbetreiber für den Netzanschluss an ein anderes Netz gegenüber einem anderen Netzbetreiber leisten, dürften dabei zu den „vorgelagerten Netzkosten“ zählen, die aktuell und wohl auch in Zukunft „dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten“ der Netzbetreiber sind.
Interessant ist zudem, dass die ÜNB über die Höhe der BKZ eine Standortsteuerung der Anschlussnehmer vornehmen dürften, obwohl im Positionspapier keine generelle standortsteuernde Funktion der BKZ bejaht wird. Wenig überzeugend ist, dass die VNB diese Möglichkeit nicht erhalten, obwohl auch sie hierüber Redispatchkosten sparen könnten.
1
BNetzA, Beschluss v. 06.12.2022, Az. BK6-22-242, S. 17; OLG Düsseldorf Beschluss v. 20.12.2023 − 3 Kart 183/23, Rn. 86 (juris).